Die Bürgerschaftssitzung vom 15. November 2023 wird als eine der längsten Sitzungen in die Geschichte der Hanse- und Universitätsstadt Rostock eingehen. Bis kurz vor Mitternacht wurde debattiert, wobei noch einige Beschlussvorlagen auf die nächste Sitzung am 06. Dezember vertagt worden sind. Ausgangslage für diese lange Sitzung waren zahlreiche Themen auf der Tagesordnung, die ein großes Diskussionspotenzial mit sich brachten, darunter u.a. der geplante Theaterneubau, Planungen zur Streckennetzerweiterung der RSAG und Dringlichkeitsanträge zum Umgang mit der Migration in der Hanse- und Universitätsstadt Rostock.
Zum Theaterneubau wurde durch unsere Fraktion, was in den vergangenen Wochen auch mediale Aufmerksamkeit mit sich brachte, die Herbeiführung eines Bürgerentscheids zum Kostenumfang des Theaterneubaus und dessen Folgekosten beantragt. Unser Standpunkt dazu war und ist klar: Wir stehen ohne Wenn und Aber zu einem Theaterneubau, jedoch nicht nach dem Motto ‚Koste es, was es wolle‘. Da die Stadtverwaltung und die Oberbürgermeisterin insbesondere, derzeit jedoch den Eindruck vermitteln, sich in den Finanzplanungen zum Neubau des Volkstheaters zu verrennen, sind wir der festen Überzeugung, dass eine Entscheidung von solcher Tragweite nicht allein von den Mitgliedern der Bürgerschaft und der Stadtverwaltung getroffen werden sollte. Demnach folgerichtig unser Antrag zur Herbeiführung des Bürgerentscheids. Um die Dimensionen noch einmal zu verdeutlichen, hierzu erneut einige Zahlen:
Die Bürgerschaft der Hanse- und Universitätsstadt Rostock hat in der Vergangenheit zwei Beschlüsse zum finanziellen Einsatz zum Neubau eines Theaters unternommen. Der erste Beschluss stammt aus dem Jahr 2018 und stellt den bis zur gestrigen Sitzung der Bürgerschaft einzig gefassten Grundsatzbeschluss zum Theaterneubau dar. Dieser geht dabei von Gesamtkosten in Höhe von bis zu 110 Mio. EUR aus. Der zweite Beschluss der Bürgerschaft erfolgte im Nachgang der Absage der BUGA im Jahr 2022. Hier wurde mit Baukosten von ca. 183 Mio. Euro gerechnet. Mittlerweile werden laut Wirtschaftsplan des KOE für das Jahr 2024 mehr als 208 Mio. EUR Baukosten prognostiziert. Hinzu kommen die Kosten für die Innenausstattung des Gebäudes (ca. 8 Mio. EUR), Zuschüsse der Stadt und des Landes, die bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt ca. 19 Mio. EUR umfassen und jährliche Folgekosten, die ab dem Jahr 2029 mit ca. 8,4 Mio. EUR dazukommen. Weitere Kostensteigerungen können zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden, und sind im Hinblick auf die derzeitige Inflation durchaus als realistisch zu betrachten.
Für uns steht fest:
Ein Projekt in dieser Größenordnung samt anschließender jährlicher Folgekosten wird zweifellos erhebliche Auswirkungen auf die Haushaltsmittel der Hanse- und Universitätsstadt Rostock haben. Wir sehen es daher als Verantwortung und Pflicht der gewählten Bürgerschaft, sicherzustellen, dass die Interessen und Meinungen der Bürgerinnen und Bürger Rostocks angemessen berücksichtigt werden. Wie zu erwarten, verlief die Diskussion in der Bürgerschaft undifferenziert, fast schon polemisch. Von „Wahlkampfgetöse“ im Hinblick auf die bevorstehende Kommunalwahl bis hin zum Vorwurf des „Populismus“ wurde die gesamte Klaviatur der Diffamierung gespielt. Wenig überraschend, dass unser Antrag mit den Gegenstimmen aller anderen Fraktionen abgelehnt wurde. Im Gegenzug wurde durch eben diesen Fraktionen einem Antrag zugestimmt, die den Grundsatzbeschluss zum Theaterneubau in seiner jetzigen geplanten Form (auch mit den entsprechenden Kosten) erneuert.
Ein zweites, nicht weniger intensiv diskutiertes Thema, war die geplante Streckennetzerweiterung der RSAG. Zwei Anträge der SPD-Fraktion wurden hierzu abgelehnt. Zum einen sollte die Oberbürgermeisterin beauftragt werden, mit Blick auf die Kleingartenanlagen in dem Areal zwischen Reutershagen und der Gartenstadt, sowie im Umfeld des Westfriedhofs, die innerhalb der Verwaltung existierenden Überlegungen zu deren Überplanung für zukünftige Wohn- und Gewerbegebiete zu stoppen. Zum anderen wurde sich auch bei einer Straßenbahnerweiterung Reutershagen-Zoo für den Erhalt des Straßenbahnstreckenabschnitts Zoo-Neuer Friedhof ausgesprochen. Wie bereits erwähnt, wurden beide Anträge durch die Bürgerschaft abgelehnt. Für unsere Fraktion galt hier eine freie Abstimmung, da die Interessenslagen und Auffassungen der Fraktionsmitglieder zu der Thematik sehr differenziert waren.
In einer Beschlussvorlage durch die Verwaltung wurde zum Abschluss dieses Themenkomplexes der
Planungsbeschluss zur Streckennetzerweiterung Zoo – Reutershagen und damit verbunden die weitere Planung von Korridor West bis zur Genehmigungsplanung mehrheitlich angenommen.
Die Hanse- und Universitätsstadt Rostock hat in der vergangenen Woche medienwirksam verkündet, dass die Aufnahmekapazitäten von Flüchtlingen in der Stadt erschöpft seien. Aus diesem Grund musste nun binnen weniger Tage die Sporthalle in der Alten Warnemünder Chaussee für die Flüchtlingsunterbringung genutzt werden. Auch die Anmietung von Hotels werden nun mit in Betrachtung gezogen. Grund genug für unsere Fraktion einen Dringlichkeitsantrag zur gestrigen Sitzung der Bürgerschaft einzubringen, in dem wir die Oberbürgermeisterin u.a. auffordern, gegenüber Land und Bund klar zu signalisieren, dass die Kapazitätsgrenze der Stadt erreicht ist. Damit sind nicht nur Unterkünfte, sondern eben auch die soziale Infrastruktur, hinsichtlich der medizinischen Versorgung oder der KiTa- und Schulplätze gemeint. Ähnlich wie bei der vorangegangenen Diskussion zum Theaterneubau war auch zu diesem Punkt leider keine sachlich orientierte Debatte möglich. Die Fraktion der Linken warf uns menschenverachtendes Agieren vor, was in dem Vorwurf gipfelte, dass unser Antrag zur „Verrohung der Asyldebatte“ beiträgt. Folglich wurde unser Dringlichkeitsantrag abgelehnt, ebenso ein Dringlichkeistantrag der FDP-Vertreter, die sich gegen die Nutzung von Sporthallen als Notunterkünfte und für die Erstellung eines tragfähigen Konzeptes zur Unterbringung ausgesprochen hatten.
Erlauben Sie mir zum Abschluss dieses Berichts eine kurze persönliche Bemerkung:
Wie Sie auch diesem Bericht entnehmen können und was auch keine neue Erkenntnis darstellt, sind die politischen Mehrheitsverhältnisse in dieser Bürgerschaft durchaus schwierig und unsere vielen, guten Anträge und Ideen finden aufgrund ideologischer Befangenheit nicht in der wünschenswerten Weise Beachtung. Ich möchte Ihnen als Vorsitzende unserer Fraktion jedoch versichern, dass wir auch weiterhin für unsere Ideale und Vorstellungen kämpfen werden. Wir stehen als gewählte Vertreterinnen und Vertreter der Bürgerschaft in der Pflicht, die besten Entscheidungen für unsere Hanse- und Universitätsstadt Rostock zu treffen. Genau das werden wir weiterhin tun, für die besten Lösungen und Konzepte zu werben und ganz klar zu zeigen: Wir haben die besseren Antworten für unsere Stadt!
Sollten Sie Fragen oder Anregungen haben, stehen wir Ihnen in unserem Fraktionsbüro jederzeit zur
Verfügung!